Heute machen wir einen Tagesausflug nach Bulgarien. Natürlich nicht ohne den obligatorischen Länderpunkt zu holen. In Grenznähe liegen zwei Tradis. Einer, der den sicheren Punkt verspricht (GC14RKG) und einer, der eine nette Kraxelei verheisst (GC10G6E).
Eine Serpentinenstraße windet sich in östliche Richtung vom Hochplateau in Richtung Grenze herunter. Mitten in der Pampa kommen uns plötzlich Fußgänger mit Einkaufstüten auf der Landstraße entgegen. Die Gegend ist bergig und der nächste Ort kilometerweit entfernt. Zudem ist es noch recht früh am Tage und die Leute scheinen auf dem Rückweg zu sein.
Ein Stück weiter erreichen wir Klisura, ein größeres Dorf. Hier ist Markt und jede Menge los. Man kann nahezu alles kaufen, von Lebensmitteln über Bekleidung. Aber auch Jagd- und Angelbedarf sind im Angebot, einige Militaria sind zu sehen. Mit Töpfen, Pfannen und Geschirr kann man sich hier auch ausstatten. Offensichtlich fallen wir auf, die Köpfe fliegen herum als wir vorbeifahren. Einige Passanten sehen uns noch lange nach. Westeuropäer verirren sich offensichtlich höchst selten in die Gegend.
Wir erreichen die Grenze. Ein klitzekleiner Grenzposten fertigt hier den lokalen Grenzverkehr ab. Man kennt sich offenbar. Die Serben lassen uns schnell durch. Die bulgarische Grenzbeamtin will wissen, wo wir denn hinwollen. Nur ein kleiner Ausflug ins Land, antworten wir. Sie lässt uns passieren und wir verabschieden uns mit „See you in the evening!“. Dem Zollbeamten reicht auf Nachfrage, ob wir etwas zu verzollen haben, ein einfaches „No“. Es gibt aber noch eine dritte Person, die am Grenzposten arbeitet. Der Typ, der die Vignetten verkauft. In Bulgarien sind nahezu alle Straßen mautpflichtig. Wir wollen nur ein paar Landstraßen fahren, die das aber auch betrifft. Also kaufen wir eine Wochenvignette für fünf Euro. Kleiner haben sie es nicht.
Die Straße, die wir fahren, ist unglaublich schlecht. Tiefe Schlaglöcher und ständig wechselnder Belag lässt eine zügige Fahrweise nicht zu. Weiter im Land soll es weit bessere Strecken geben, aber hier ist es wirklich schlimm. So geht es rumpelnderweise zum ersten Cache, einem D/T1.5.
Vor Ort machen wir uns an die Suche. Der Hang, an dem der Cache liegt, wird von der gleißenden Sonne beschienen. Es ist schon jetzt ziemlich heiss. Der Hint passt auf so nahezu alle Objekte in der Nähe. Wir suchen, finden aber nichts. Die Koordinaten zeigen 30 Meter den Hang hinauf. Es ist steil, felsig und sieht so gar nicht nach T1.5 aus. Irgendwann reicht es mir. Ich ziehe mein T-Shirt aus, um es nicht noch weiter durchzuschwitzen und klettere rauf. Es kostet etwas Mühe, den Nullpunkt zu erreichen. Aber die Koordinaten stimmen. Nur eben die T-Wertung nicht. Hoch über der Straße, zwischen Felsen und Büschen finde ich den Cache. Jetzt bloß nicht abrutschen! Ich logge und mache mich auf den Rückweg. Der Länderpunkt ist im Sack!
Nun die Kür. Die Schlucht am Erma Fluss ist sogar ausgeschildert und scheint eine Touristenattraktion zu sein. Als wir dort ankommen, ist ausser uns aber niemand dort. Auf der OSM-Karte führt ein Weg direkt zum Cache. Luftlinie keine 500 Meter. Laut Fußgängernavigation sind bis zu den Koordinaten weniger als 1000 Meter zu gehen. Der zunächst steile aber breite Wanderweg führt durch einen ca. 150 Meter langen Tunnel. Später sehen wir, dass hier auch Autos durchfahren. In der Mitte haben es sich zwei Kühe im Schatten bequem gemacht. Wir gewöhnen unsere Augen an die Dunkelheit und gehen ohne Lampen an ihnen vorbei. Bei genauem Hinschauen erweist sich eines der beiden Tiere als ein junger Bulle.
Wir erreichen den Einstieg zum Pfad, der zunächst sehr steil zum Fluss herunter führt. Es gibt Tritte aus Brettern und Baumstämmen, die vor jeder Belastung geprüft werden wollen. Einige sind ziemlich morsch. Unten angelangt donnert die Erma an uns vorbei. Eine wackelige Holzbrücke führt über die Schlucht. Es schwingt ganz schön beim Überqueren, es bieten sich aber tolle Ausblicke.
Der Weg hoch in die Klippen beginnt bei einer grob gezimmerten, leiterartigen Aufstiegshilfe. Dahinter windet sich ein schmaler Pfad in Serpentinen immer höher zum höchsten Punkt der Schlucht. Ein Blick auf das GPS zeigt einen geraden Weg, vor uns liegt aber eine steile Zickzack-Strecke. Der Track, aus dem der Weg auf der Karte entstanden sein muss, ist wohl bei der Bearbeitung etwas gerundet worden und verschweigt die ganzen Serpentinen. Da unsere Bulgarienkarte nicht über Höhenlinien verfügt, ist uns die Diskrepanz vorher auch nicht aufgefallen.
An den steilen Felswänden in der Schlucht ist der GPS-Empfang hundsmiserabel. Ich starte das Oregon mehrfach neu, weil sich das Empfangsteil aufgehängt hat. Als die Entfernung zu den Koordinaten laut Gerät noch 8 Meter betragen, beginnen wir zu suchen. Hier wäre ein Spoilerfoto nett gewesen. Das gibt es zwar, wir haben es aber nicht dabei. Bis auf 3 Meter kommen wir an den Ground Zero heran, drehen Steine und schauen in Felsspalten. Wir finden nichts.
Die Route auf unserer Karte führt über den Kamm und auf der anderen Seite wieder herunter. Wir sind dem höchsten Punkt schon sehr nahe, aber es wird immer steiler und der Pfad ist kaum noch als solcher zu erkennen. Ein paar mal haben wir schon den Weg verloren. Und wir wissen nicht, wie es auf der anderen Seite aussieht. Und da ist ja noch der Cache, vielleicht findet man auf dem Rückweg noch etwas. Also kraxeln wir das Ganze wieder runter. Teils auf allen Vieren oder auf dem Hosenboden rutschen wir talwärts. Am nächsten Tag werden wir Muskelkater haben, weil wir in ungewohnten Posen an Bäumen heruntergehangelt sind.
Erfolglos erreichen wir wieder die Brücke. Aber schön war es schon. Und jetzt haben wir noch einmal die schöne Aussicht auf den Fluss.
Zurück am Schlagbaum stehen die bulgarische Grenzerin und der Zollbeamte immer noch auf Posten. Sie schauen etwas ungläubig und winken uns durch. Beim Durchfahren grinst der Zöller: „You are crazy!“
Die serbische Grenzpolizei will es wieder ganz genau wissen.
„Woher? Wohin? Warum?“ „Aus Bulgarien. An den Vlasinasee. Weil da noch unsere Campingmöbel stehen.“ Die Papiere werden wieder einmal lange kontrolliert, schließlich lässt man uns durch.
In einem Dorf versuchen wir unseren Bestand an serbischen Dinar aufzustocken. Meist kann man hier zwar mit Euro zahlen, aber schon ein Zwanziger überfordert häufig die Wechselgeldkasse. Ein längliches Gebäude bildet eine Einheit aus Kneipe und Post (Pošta, Пошта). Als wir auf den Eingang der Post zusteuern, erhebt sich einer der Kneipengäste vom Bier und stellt sich hinter den Tresen. Eine unbehandelte Syphilis hat vor längerer Zeit offenbar an seiner Nase genagt. Wir zeigen ihm Kredit- und EC-Karte und reiben zwei Finger aneinander. Er versteht sofort, kann uns aber nicht helfen. Kein Bargeld also. Wir haben jetzt noch 700 Dinar in der Tasche, das sind etwas mehr als sechs Euro. Und wir müssen den Campingplatz noch bezahlen. Um einen Geldautomaten zu erreichen müssten wir wieder runter vom Hochplateau in die nächst größere Stadt.
Als wir beim Abendessen sitzen, beobachten wir den Platzwart, wie er unsere Nachbarn besucht. Es ist ein freundliches älteres Ehepaar in einem Wohnmobil mit serbischem Kennzeichen. Die drei sitzen zusammen und offensichtlich kassiert er die Miete. Nach einiger Zeit sind auch wir an der Reihe. Wir können uns gut auf Englisch verständigen, aber er bittet uns häufiger langsamer zu sprechen.
Wir haben in der Zeit hier nicht herausbekommen, was der Platz denn jetzt tatsächlich pro Nacht kostet. Jetzt erfahren wir es. 350 Dinar sollen es sein. Macht also 700 Dinar für zwei Nächte. Prächtig! Allerdings hätten wir bei einem höheren Preis auch gefeilscht, schließlich gab es einen Hauptvorteil von Campingplätzen nicht. Brauchbare Toiletten und Duschen nämlich.
Eine Frage haben wir dann doch noch an ihn. Im Dorf hingen überall Plakate mit Blasinstrumenten drauf. Das kyrillische Wort für Vlasina und das Datum konnten wir auch lesen. Da stand 5./6./7./8. VII. Und der fünfte ist heute! Wo soll denn das Blechblasfestival steigen? Wir hatten schon Bilder von Guča im Kopf. Da stand neben „Vlasina“ aber wohl noch ein anderer Name. Die ersten beiden Abende findet das kleine Festival in einem Dorf am anderen Ende des Sees statt. Und da müsse er jetzt auch hin, meint er, steigt in seinen roten Yugo und rumpelt davon.
Wir folgen unserer Policy, auf dem Balkan nicht bei Dunkelheit zu fahren. Daher findet das Ganze ohne uns statt.
Am nächsten Tag geht es deutlich weiter nach Süden. Wir überqueren die Grenze zu Mazedonien und es wird heiß, heiß, heiß.