Wie geplant sind wir nicht allzu früh wach und frühstücken gemütlich, aber im Stehen. Gleich werden wir Göteborg durchfahren. Vorher will aber noch der Länderpunkt Schweden ganz in der Nähe gemacht werden (GC22VRZ). Natürlich ist es nass und matschig. Und natürlich saue ich mich so richtig ein. Aber ein wirklich schönes Plätzchen an unerwarteter Stelle war das!
Hinter Göteborg beginnt die E45, der Inlandsvägen. Dieser Straße werden wir folgen, bis sie an der finnischen Grenze endet. Das wird zwei Tage dauern. Die ultimative Skandinavienkarte – auch super für die Stellplatzsuche – findet man hier: Freytag Berndt, Skandinavien Superatlas.
Von Trelleborg nach Göteborg sind wir Autobahn gefahren, jetzt wird aus der vierspurigen Straße zunehmend eine Landstraße. Zwischen Göteborg und Trollhättan sind einige Baustellen, die vermuten lassen, dass diese Strecke in Zukunft auch vierspurig sein wird. Der Verkehr nimmt spürbar ab, erst bei Trollhättan wird es wieder etwas urbaner. Wir suchen uns ein Einkaufszentrum nahe der Saab-Werke (traurige Geschichte, übrigens), um ein vergessenes Kabel einzukaufen, schwedische Kronen zu besorgen und einen Kaffee zu kochen. Die Schweden, die wir treffen, sind nicht freundlich. Nein, die sind richtig nett. Also so richtig, richtig nett.

Freundlicherweise werden feste Blitzer in Skandinavien mit Schildern angekündigt. Etwas dichterer Verkehr bei Karlstad.
Hinter Trollhättan bis vor Karlstad ist viel Verkehr. Wir durchfahren viele Ortschaften, jede mit Blitzer. An der Kreuzung, an der die E18 von der E45 Richtung Stockholm abknickt, machen wir einen ersten Tankstopp. Die Zapfsäulen sind vollautomatisch. Maestro, also EC-Karte, nehmen sie nicht. Kreditkarte nur mit PIN. Aber da ist ein gelber Knopf, den man drücken kann, um den Diesel im Laden zu bezahlen. Das funktioniert dann wie in Deutschland gewohnt mit Unterschrift. Dieses Konzept haben wir in Schweden und Norwegen durchgängig vorgefunden und kamen mit Mastercard und Visa prima durch.
Ab Karlstad ist es dann wie abgeschnitten. Nichts mehr los auf der 45, wir durchfahren ausgedehnte Wälder. Ab und zu gibt es Seen entlang der Straße. Zahlreiche Brücken, unter denen wilde Flüsse tosen, überqueren wir. Ortschaften liegen jetzt merklich weiter auseinander. Das macht die Suche nach einem Schlafplatz einfach. Wir durchfahren eine Ortschaft, in diesem Fall Ytterhogdal, folgen der Straße noch ein paar Kilometer und biegen dann in eine Schotterpiste ab. Auf einer Kuppe ist ein leerer Polterplatz. Hier weht ein konstanter Wind, der die Mücken fernhält und genug Platz ist auch. Wir stellen die Autos als Windschutz auf und übernachten.
Am nächsten Morgen ist das Wetter prächtig. Wir wollen es heute bis zum Nordpolarkreis schaffen. Unser Tagesziel heisst Jokkmokk, bereits tief in Lappland.
In Östersund tanken wir voll. Das ist die größte Stadt für eine ganze Weile, also kein Risiko eingehen. Die Tankstellendichte hat hier oben bereits erheblich abgenommen. Dann fahren wir durch ausgedehnte Wälder, immer wieder unterbrochen von großen Seen.
Es ist wenig los, teilweise kommt eine halbe Stunde kein Fahrzeug entgegen. Zwischendurch liegen links und rechts der Fahrbahn Autowracks, deren Abtransport sich wohl schlicht nicht lohnt. Und wir bekommen es mit den ersten unreparierten Frostbeulen auf der Straße zu tun. Es gibt zwischendurch zwar immer wieder Baustellen, diese lange Straße jeden Sommer zu flicken ist aber eine Sisyphusarbeit. Zusätzlich halten Waldarbeiter-Teams den Bewuchs abseits der Straße kurz. Schließlich will man kreuzende Elche frühzeitig entdecken. Beide dieser Instandhaltungsmaßnahmen kann man in der Nähe von Ortschaften beobachten.
Bei Dorotea überqueren wir die Grenze zu Lappland. Jetzt sind wir im Siedlungsgebiet der Samen, die mit ihrer Kultur den Nordteil ganz Skandinaviens prägen. Da dauert es auch nicht lange, bis wir den ersten Rentieren begegnen. Die Tiere leben frei und sind halb domestiziert, gehören also jemandem. Die, denen wir begegnen, wollen sich nicht fotografieren lassen. Fährt man vorbei, bleiben sie am Straßenrand stehen, laufen manchmal sogar auf die Fahrbahn. Wir bremsen um ein Foto zu machen und schon nehmen sie Reißaus.

Nach Norwegen dürfen keine Kartoffeln eingeführt werden. Zumindest nicht roh. Also kochen wir sie vorher. Und warum wertvolle Fahrzeit beim Schälen verschwenden?
Etliche Kilometer und Landschaft weiter erreichen wir den Nordpolarkreis. Es gibt ein Besucherzentrum, ein großes Schild und ein kleines Denkmal. Mit einem Cache drin. Aber erst wollen wir ein Gruppenfoto machen. Ich stelle also das Stativ in einer Parkbucht auf und wir posieren. Jetzt rollt ein Wohnmobil heran, das genau in diese Parkbucht will. Wir stören uns nicht daran und machen ein paar Fotos mit dem Selbstauslöser. Ich hole das Stativ und das Wohnmobil rollt in genau diese Box. Warum wollen die ausgerechnet hierhin, es ist doch genug Platz? Nachdem wir den Cache gehoben haben und ihn wieder platzieren bekommen wir zu hören „Sehr gut, brauchen wir nicht mehr zu suchen!“ Es sind auch Cacher. Die haben sich gedacht, dass das ja dauern kann, mit den blöden Fotomuggles! Wir halten einen kurzen Geoschnack, tauschen ein paar Trackingnummern aus und dann geht es für uns auch schon weiter.
Jetzt ist Schlafplatzsuche angesagt. Nicht weit vom Nordpolarkreis entfernt, kurz vor Jokkmokk finden wir eine gute Stelle. Gesäumt von Bächen, aber auch ein paar stehende Gewässer sind in der Nähe. Hier gibt es jetzt richtig viele Mücken. Zu unserer Überraschung lassen diese sich aber vom mitgebrachten deutschen Autan beeindrucken. Also kochen wir umschwärmt, aber selten gestochen und verbringen hier die Nacht.
Weiter geht es in der nächsten Etappe nach Jokkmokk, durch finnische Tundra und schließlich an die schneebedeckten Berge und Fjorde Norwegens.
Posted by Beate und Bernd Wolff on 27. April 2019 at 08:58
Wir fahre seit fast 30 Jahren nach Schweden. Wer in den hohen Norden von Schweden will und dabei das Land und die wunderbare Natur auf sich wirken lassen möchte hat nur eine Wahl. Die E45, den Inlandsvägen!
Wenn Segler voller Überzeugung sagen, „der Weg ist das Ziel“, dann trifft das ganz genau so auf die E45 zu!
Auch wenn der Abschnitt zwischen Göteborg und Karstadt in den letzten Jahren durch Straßenbaumaßnahmen einiges von seinem Reiz verloren hat, ab Karlstadt Richtung Norden führt die landschaftlich wunderschön eingebette E45 durch DAS Schweden.
Natürlich kann man schneller durch Schweden fahren (im Osten entlang der Ostsee), aber einen einen der schönsten Teile Schwedens, ja eigentlich die Seele Schwedens, versäumt man dann.
Wir wünschen allen Schweden-Urlaubern viele schöne Erlebnisse. Dieses Jahr wollen wir zwischen Kiruna und Överkalix Plze, Blaubeeren und Nordlichter jagen.
liebe Grüße Beate und Bernd Wolff